12 von 12

12 von 12 im Juli

 

 

 

Es regnet, mein morgendlicher Gang durch den Garten erschöpft sich im Stehen unter dem Terrassendach, aber ich fühle mich unverdrossen wohl im morgenfrischen Grün. Nur dass ich den Kaffee heute nicht draußen trinke. Wir, der Kaffee und ich, wandern wieder hinein, aufs Lesesofa.

 

 

 

Ganz zufällig stieß ich in den letzten Tagen durch ein Kommentargespräch in einem Lieblingsblog auf meine kurze Philosophiestudien-Vergangenheit, Erinnerungen aus den 90ern werden wach, mich packt es wieder. Und so sitze ich morgens vor sechs Uhr in meiner Leseecke und blättere mich durch Wittgenstein.

 

 

 

Weil es unverdrossen regnet, genaugenommen schüttet, fahren die Tochter und ich mit dem Auto zur Schule. Muss ich wenigstens die Fahrradtasche nicht zuwürgen, das wäre heute knapp geworden. Die Tochter fragt, was ich mit so vielen Taschentüchern will. Ich versuche sie’s erraten zu lassen – na, was habt Ihr in der 5. am Ende des Schuljahres gehabt? – aber sie war anscheinend in der 5. in Mathe nie anwensend. Jedenfalls hat sie keinen blassen Schimmer und tut äußerst überrascht, als ich mit Wörtern wie Oberflächeninhalt und Quader um mich werfe. Vielleicht ist es ihr auch einfach noch zu früh. Dann soll sie halt nicht fragen;-)

 

 

 

Morgendliche Schultafeln sind so schön leer, nee, Quatsch. Sie sollten es sein. Aber wie das so ist. Das Wischen und Abziehen hat jedenfalls was Meditatives.

 

 

 

Dann kann es losgehen. Quader und Oberflächen halt.

 

 

 

Und weil ich ja im Unterricht schlecht fotografieren kann, gibt’s das nächste Bild erst von dem Moment, wo die einen Schäfchen schon weg und die anderen noch nicht da sind.
Ahhh, Ruhe.

 

 

 

Der Kurs kommt, der Kurs hat keine Lust mehr. Nichts Neues, auch an diesem Mittwoch nicht. Wir strampeln uns durch Abstände windschiefer Geraden und sind ansonsten friedlich miteinander.

 

 

 

Stundenende, große Pause. Ich habe Hofaufsicht, genau vor dem Fenster. Dort erscheint aber niemand, denn es schüttet gerade wieder los, die Regenklingel ertönt, bäh. Drinnenaufsicht in ner Regenpause ist anstrengend, weil es eng und und höllelaut ist. Stadionatmosphäre, und das ganz ohne Eintrittskarte.

Unterrichtsschluss, ich trage meine 150 Noten am Verwaltungscomputer ein. Bzw. möchte es tun. Für einen Teil davon fehlt mir aber mein Passwort, der Zettel liegt nicht in meinem Fach, auch in keinem Nachbarfach, der zuständige Kollege ist mit den 10ern in Berlin, und auch sonst findet niemand eine Lösung für die Passwortfrage. Also dann eben nicht. Wenigstens die Mitarbeits- und Verhaltensnoten mache ich fertig – Papierlisten brauchen keine Passwörter – , und die verbalen Bemerkungen verschiebe ich auf später.

 

 

 

Denn zu Hause wartet das Mittagessen. Wie gut.
Ausnahmsweise sind beide Kinder da. Wir starren alle völlig fassungslos auf den Kalender, niemand von uns hat heute noch irgendeinen Termin. Das gab es das letzte Mal vor gefühlt zehn Jahren. Wir fühlen uns auch ganz unbehaglich dabei und argwöhnen bis zum Abend, dass wir sicher irgendwas vergessen haben.

 

 

 

Danach drucke ich alles aus, was ich heute nicht eingeben konnte, das sollte dann wohl morgen als Papierliste zur Schulleitung.

 

 

 

Irgendwann am Spätnachmittag überkommt mich Arbeitsmüdigkeit. Zeit fürs Cello. Mein Lieblingssatz …

Es bleiben Abendessen, Telefonieren, mit einer Freundin an der Haustür schwätzen, Wäsche, Kinderzeugs und ein paar Schreibtischdinge.

 

 

 

Bis sich der – mittlerweile wieder blaue – Himmel über’m Haus abendlich dunkel färbt.

 

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12 von 12 im Juni

Immer noch bin ich radelnd unterwegs. Da ich mich noch nie damit beschäftigt habe (und es auch nicht möchte), wie ich hier in der freien Wildbahn Fotos von der großen Kamera aufs Handy und dann in den Blog bekomme, gibt es heute mal wieder Wortbilder.

Bild 1
Ein grünes Zelt in einem heimeligen Garten, es hat ausgeschlafen, ist leergeräumt, wartet aufs Verpacktwerden. Daneben hält ein beladenes Fahrrad seine offenen Packtaschen in die frische Morgenluft. In der Nähe streichen zwei Frauen durchs Grün, nehmen etwas mit der Kamera in den Blick, reden ein wenig, verabschieden sich.

Bild 2
Ein Dorf im Morgenlicht, das gestrige Hitzeflimmern ist ihm noch aufs Pflaster gezeichnet, einige Fenster sind geöffnet. Montagmorgengeräusche tänzeln. Die Dorfstraße weist durch das verlassene Tor eines Grenzübergangs in eine sanfte Hügelwelt, ein Rad rollt wie von selbst hindurch.

Bild 3
Eine Straße zieht sich über die Höhe, rechts und links Felder. Flockige Wolken lassen Lichtfäden hindurch, Insektenschwärme kreiseln darinnen. Rechts öffnet sich ein Tal, dahinter eine weitere Hügelkette. Der gestrige Weg bildet ein Band, die gestrigen Orte liegen flach am Hang, so schnell ist die Zeit vergangen. Nun fährt es schon wieder zurück, das Rad.

Bild 4
Der Radweg fällt von einer einsamen Wohngebietsstraße auf das graue Pflaster der Magistrale und wird von der Großstadt verschluckt. Autos, Lichter, Lärm, Geschwindigkeit. Ein vollbepacktes Rad versucht tapfer die Spur und die Richtung zu halten.

Bild 5
Bänke unter Bäumen, eine Terrasse mit Blick auf den breiten Fluss und das gegenüberliegende Häusermeer. Von allen Seiten dringen Stadtgeräusche, das Münster bietet nur optisch Ruhe, und die Stadtreinigung kehrt emsig um Füße und Räder von auf den Bänken Sitzenden herum.

Bild 6
Alles ist verschwommen. Breite Straßen, Riesenhäuser, ein Kongresszentrum, ein Bahnhof, Straßenbahnen und Autos. Mittendrin ein um Wegfindung bemühtes Fahrrad.

Bild 7
Die Verschwommenheit hat sich gelichtet und ist einem schnurgeraden nunmehr wieder mit weißgrünen Schilder markierten Radweg gewichen, immer zwischen Hauptstraße und Schiene. Auf der Straße, auf den Schienen, auf dem Radweg – alles rollt.

Bild 8
Ein alter Baum hält seine Äste behütend über den Feldrain, darunter ist Schatten und Sitzplatz. Nach Süden geschaut, schichten sich die Berge des Basler Lands. Nach Norden geht es grün hinauf in die Schwarzwaldhöhe. Das Rad gibt sich noch eine Pause vor dem Aufstieg.

Bild 9
Ein Supermarkt in einem kleinen Ort am Fuße der Bergkette. Getränke werden hinausgeschleppt, und ein wenig Nahrung, vor allem aber Getränke. Auch das noch, ächzt der Gepäckträger, als das alles auf ihm festgeklemmt wird. Wir schaffen das schon, besänftigt ihn das Vorderrad. Und bekommt gleich darauf auch eine Ladung in seine Taschen gestopft.

Bild 10
Eine Waldlichtung, ein Rastplatz, leere Holzbänke. Es ist Montag, man ausflugt nicht. Nur eine Bank ist besetzt. Einatmen ausatmen, und gleich geht es weiter. Wie hoch das hier schon ist? Das wird man nie erfahren, denn hier reicht das Netz nicht hin. Zahlen sind ohnehin überbewertet.

Bild 11
Ein Asphaltband schlängelt sich. Mal zwischen Nadelbäumen hindurch, mal werden rechts und links grünhügelige Weiten sichtbar, zuweilen erscheinen in der Ferne die Alpen. Immer aber schlängelt es sich. Bergauf, bergauf. Bis sich das Radl plötzlich und viel eher als erwartet vor Bild 12 wiederfindet.

Bild 12
Ein Dorf, ein vertrautes Haus, die Terrasse, durch die Bäume zu erahnen ein weiter Blick, und zwar dieser hier. Frau Lebensfreude und Frau InnererFrieden sind mit dabei, als wir uns im Garten hinterm Haus begrüßen …
 

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12 von 12 im Mai

Vorgestern war es nun schon, dieser Zwölfte. Aber Bilder rosten ja nicht, und verfallen nicht auf der Kamera, solange man mit anderen Lebensdingen beschäftigt ist. Also dürfen sie ruhig heute noch kommen:)

 

 

Der Morgen ist regnerisch und so dunkel, dass mir Kerzen für meine Morgenstunde als stimmig erscheinen.

 

Ich schreibe einen Brief, möchte ein kleines Päckchen dazupacken und diese Steine mitschicken. Hühnergötter, von der Ostsee. Steine mit einem Loch. Man findet sie am Strand, wenn man lange sucht, und man sagt, sie bringen Glück. Dort, wo sie jetzt hinwandern werden, braucht es dieses gerade sehr dringend.

 

Draußen regnet es, meine Gartenmorgenrunde fällt kurz aus, kaum wage ich mich unter der Terrasse hervor.

Es folgt ein Schultag, bilderlos, ich trage keine Kamera mit und hätte heute auch keine Chance gehabt, kurz innezuhalten. Manche Tage sind sportlich, um es milde auszudrücken.

 

Das Wochenende beginnt mit meinem Entschluss, die Korrekturen zunächst beiseite zu legen. Am Sonntag vielleicht, spüre ich, eher geht das nicht, ich bin erschöpft, brauche jetzt erstmal Musik – ja! – und Ruhe. Und sowieso: Vorfreude, heute bekomme ich noch Besuch:)

 

Mittlerweile haben sich die morgennassen Blätter trockengeschüttelt …

 

… und das pralle Leben räkelt sich in der Sonne.

Weil es so strahlt vom Himmel, nehme ich den Weg ins Nachbardorf unter die Füße und gehe mein Fahrrad abholen.

 

Es hatte ein bisschen Reparatur nötig, damit es mich ganz bald wieder tragen kann, wohin die Unterwegsträume reichen.

 

Zurück segelt es sich ganz leicht, an den Feldern vorbei …

 

… durch ein Blütenmeer …

 

… und mit kleinen zarten Versehrtheiten am Wegesrand.

Der nun beginnende Teil des Tages bleibt ohne Bilder, obwohl die Kamera auf dem Beifahrersitz liegt, es will nicht zu einem Foto kommen. Mein Aufbruch nach Frankfurt, lieben Besuch vom Bahnhof abzuholen, ist noch pünktlich. Dann Unfallstau auf Autobahn I. Autobahnwechsel. Unfallstau auf Autobahn II. Runter auf die Landstraße. Stau auf Landstraße, denn schließlich haben alle hierher gewechselt. Ich schwitze schon ob meiner arg verspäteten Ankunft, als es aus dem Zug twittert, dass es in diesem nicht besser ausschaue. Streckenstehen vom Feinsten, Verspätung von 60 Minuten mindestens und das nicht etwa in Frankfurt. Endstation Offenbach. Freitag der Fastdreizehnte. Was haben Menschen in Nichthändiehzeiten eigentlich in Situationen wie diesen gemacht? Wir schreiben hin und her, während ich noch in Frankfurt am Bahnhof stehe und dann nach Offenbach aufbreche. Diesen Ort hätte ich nicht gebraucht- jedenfalls: sein Charme erschließt sich einem nicht auf den ersten Blick:)
Aber: nach einiger Umrundung des Bahnhofes finden und umarmen wir uns, kaufen an der Tankstelle zwei Bier (alkoholfrei;-)) für die nun etwas längere Heimfahrt, machen es uns im Auto gemütlich und erreichen den mit Lasagne gedeckten Tisch immerhin noch vor Mitternacht.

 

Wir freuen uns an Leipziger Mitbringseln …

 

… und an einem wichtigen Utensil für die nächsten Stunden.
Bis es uns – es war nach Zwei, oder? – ins Bett treibt.

 

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12 von 12 im März

Spät, aber doch: Meine 12-von-12-Bilder vom gestrigen Sonntag. Meine Wortfindungsfähigkeit hat sich zu so vorgerückter Stunde wohl schon schlafengelegt, daher bleiben die Bilder wortarm.

 

Vom Terrassenkaffee, dem allerersten des Jahres ….

 

… mit hindernisverstelltem Blick hinunter ins Dorf (noch: bald wird er hinter den Blättern verschwunden sein) …

 

… zieht die Sonne mich auf einen Spätvormittagsspaziergang …

 

… und mitten hinein in die noch karge …

 

… aber aufknospende Frühlingswelt.

 

Ein Gruß winkt von diesem Bild:))

 

Und zu Hause, als ich wieder angekommen bin, versucht die Tochter in Schwung zu kommen, ohne aus der Hängematte zu fallen.

 

Mittlerweile ist es mittags und die Arbeit ruft laut, zum Warmwerden einen Wettbewerb organisieren …

 

… und dann korrigieren korrigieren korrigieren.

 

Die Tochter ist auch beschäftigt, ein Referat steht an – das Thema ist ja nicht schwer zu erraten.) – und ich helfe, wenn auch nur dadurch, dass ich meine Druckerdienste anbiete.

 

Nebenher läuft ein wenig Haushalt.
(Socken lassen sich einfach nicht apart aufs Bild drapieren,da  kann noch so viel Natur ringsum sein).

 

Nicht viel reizvoller sehen Wäscheberge aus, aber das war nun einmal das letzte Bildmotiv, was mir vor dem Schlafengehen über den Weg lief. Immerhin liegt ein Lieblingsshirt des Sohnes obenauf …

 

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12 von 12 im Februar

Meine Bilder konnten heute nur im Kopf entstehen, es war weder Gelegenheit noch Zeit, sie in eine mit den Augen sichtbare Form zu bringen. Also halte ich sie auf diese neue Weise fest, warum auch nicht den Tag wortbebildern?

Bild 1
Ein Hauch Morgenhell fällt durch die Vorhänge, die Bettdecke liegt in ihrer eigenen, schwer erkennbaren Ordnung um mich herum, und unsichtbar wehen über dem Moment Traumfäden.

Bild 2
Drei Bücher stapeln sich auf dem kleinen Tischchen, daneben steht die zum Überlaufen gefüllte Kaffeetasse. Die Kerzen sind noch nicht – oder nicht mehr? – angezündet, auf den Tagebüchern liegen verschiedene Stifte.

Bild 3
Ein karg-grün-grauer Rasen, braune Maulwurfshügeln bilden ein Muster. Und die Barfüße hinterlassen sanfte, kaum erkennbare Spuren.

Bild 4
Die Tochter sitzt über ihrem Hausaufgabenschreibtisch, in ihrem hellen Sonntagskleid sieht das von draußen hereinfallende Licht gleich noch viel strahlender aus.

Bild 5
Im großen Zimmer wird ein langer Tisch ausgezogen, er füllt sich mit Geschirr, Besteck, Gläsern, Servietten und Getränken. Das Stuhlsammelsurium lässt erkennen, dass es aus mehreren Zimmern zusammengetragen wurde.

Bild 6
Der Tisch ist überladen gefüllt mit Zutaten für diverse japanische Gerichte, der Nachbartisch biegt sich ebenso. Um die Tische herum stehen vier Kinder und acht Erwachsene und halten Getränke in der Hand. Die Entschlossenheit, sich zu setzen, ist noch nicht so groß, der Appetit dagegen schon.

Bild 7
Eine Küche voller Geschirr und leerer Platten. Eine ratternde Geschirrspülmaschine. Reste von Kaffee, Saft, Soßen und Krümel verteilen sich quer durch den Raum.

Bild 8
Auf der Straße vor dem Haus. Ein altes kleines Auto mit Berliner Nummernschild. Ein junger Mann und eine Frau, nicht mehr so jung, aber eben auch nicht wie seine Mutter ausschauend, tragen zwei Reisetaschen ins Haus.

Bild 9
Graugrüntrübe Felder mit kargen Streuobstbäumen, ein sich bedeckt haltender Himmel, in der Ferne die Häuser verschiedener Dörfer, vier in der Feldeinsamkeit spazierengehende Menschen.

Bild 10
Ein erneut gedeckter Tisch, nicht ganz so lang wie mittags, und diesmal mit nur einem Gang. Erneut Weinflaschen und Gläser. Sechs hin- und herfabulierende Menschen.

Bild 11
Sechs Menschen vor einem Monitor, darauf läuft ein Film mit kleinen Kindern. Diese – inzwischen nicht mehr ganz so klein – sitzen in Sesseln und Sitzsäcken davor und schmunzeln oder lachen laut, je nach Temperament. Immer wieder fällt der Satz: „Daran kann ich mich gar nicht mehr erinnern.“

Bild 12
Zwei Frauen am Tisch, immer wieder am gleichen. Keinerlei Essensanzeichen. Dafür Gläser und Flaschen. Rotweinspuren auf dem Tisch. Die Füße befinden sich im Schneidersitz auf der Sitzfläche. „Dass das noch geht“, sagt die eine. „Haben wir uns verändert?“, fragt die andere.

 12 von 12 im Januar

Das Ende der Weihnachtsferienzeit ist auch das Ende meines Kerzentellers, der mich durch die letzten Wochen begleitet hat. Er leuchtet seiner letzten Stunde entgegen, morgens mit nur noch 4/6, abends mit 2/6 Lichtern, und am nächsten Morgen wird er die Dunkelheit erreicht haben.

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Noch nicht ganz am Ende ist dieses packende Buch, ich lese und lese, und vergesse darüber fast die Kinder zu wecken.

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Als sie aus dem Haus sind, ist zunächst Tagebuchzeit. Ein Ritual an meinen schulfreien Vormittagen: morgens, wenn die Seele noch wach aus der Nacht, noch unberührt vom Tag und seinen Anforderungen sich selbst in Klarheit gegenübertritt, da schreibt es sich aus mir heraus. Heute ins Cellotagebuch, seit der Stunde am Montag war viel geschehen. Und – wie fast jeden Tag – in mein „Notizbuch der verlorenen Zeit“, in welches ich mittlerweile nicht nur Zeiten, sondern jegliche Verlorenheiten fließen lasse. Beide Büchlein sind mir im Moment wichtige Lebenslehrer.

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Irgendwann beginne ich zu arbeiten. Heute ist Telefontag, ich hasse das, sieben Termine mit Menschen an sieben verschiedenen Schulen sind zu vereinbaren. Natürlich ist kaum jemand auf Anhieb zu erreichen – klar, normalerweise steht man ja im Unterricht:) – ich brauche mehrere Anläufe und manchmal eine zweite Runde zum Verlegen des eben schon Vereinbarten. Denn die zugehörigen Stundenpläne stehen sich gegenseitig und alle zusammen meinem eigenen Unterricht im Weg. Große Terminrochade also.
Nach gefühlt zwanzig Stunden habe ich alles im Kalender, mit nur drei Ausfallstunden bei mir selbst. Das ist Rekord! Und Rekord ist auch, dass ich’s trotz meiner Telefonphobie durchgezogen habe. Nichts auf morgen, nichts auf nächste Woche verschoben, einfach fertig gemacht. Boah.

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Klar, jetzt muss Besänftigung her. Da kommt im Moment nur eine in Frage.

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Weiter mit Unterrichtsvorbereitung. Tee dazu, alles ist gut.

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Kurz bevor die Kinder kommen, wage ich einen Schritt nach draußen. Eine Minirunde im Garten, mehr nicht. Durchatmen als Nachmittagsauftakt.

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Das große Kind braucht ganz dringend – natürlich sind wir nicht so organisiert, dass wir die in den langen Ferien besorgt hätten:( – eine BahnCard. Morgen geht er nämlich auf Alleinfahrt in den Norden, zu einem Wochenendseminar, auf das er seit Monaten hinhibbelt.

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Während ich also noch beim Sachenpacken assistiere, will die Schwester mit mir für ihre Mathearbeit lernen. Mir scheint, Abgefragtwerden und zusammen lernen hat die Rolle des früheren Vorlesens übernommen. Eigentlich sind beide Kinder schulisch absolut selbstständig und bekommen es auch ohne uns hin. Holen sich aber gern Ich-will-noch-mit-Dir-lernen-Geborgenheit, bei der dann wahlweise gekuschelt, gewitzelt, doch noch was gelernt oder eben gemeinsam das neue bunte Lehrbuch angeschaut wird.

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Für ein bisschen mehr Buntheit im Tag beschließen wir am Abend, die Weihnachtssachen wegzuräumen. Ohnehin werden am Samstag die Bäume abgeholt, wir schmücken alles ab und räumen es zusammen mit Lichterstadt & Co wieder in die Kisten.

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Fast hätte ich es vergessen: in der Ecke steht noch ein Päckchen vom Postboten heute morgen. Denn nein, in der mittelgroßen Stadt hier um die Ecke gibt es keine schwarzen Hemden für schmalgewachsene junge Männer wie den meinen. Wir haben es vergeblich in einer Rieseneinkaufsstraße voller Läden versucht. In solchen Situationen ist man dann doch froh, dass das Internet voll von Dingen besonderen Bedarfs ist. Hier ist also die Rettung für die Jugend-musiziert- und sonstigen Konzerte der nächsten Zeit. Bis zum Weihnachtskonzert musste er sein 164er-Hemd tragen, das lief seit dem Sommerwachstumsschub unter der Kategorie bauchfrei und sah nur auf den ersten Blick witzig aus. Jedenfalls: es gibt nun Hemden in schwarz und weiß, Wettbewerb und Konzerte können kommen. (Und wehe, ein Orchesterchef möchte nun in hellblau oder rot spielen!)

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Zu guter Letzt verschwinden die Kinder im Bett, und ich habe Lust auf Nadel und Faden, das ist fast so meditativ wie Cellospielen. Nach einer Tochtermütze und einem T-Shirt bekommen endlich auch Emma und Nucki die längst fälligen Nadelreparaturen ab. Zwei Gefährten meiner Kindheit, sie schauen also nicht zufällig schon ein wenig altersschwach aus. Nun aber sind sie wieder heil an Panzer und Kopf, nur ein zweites Auge fehlt dem Nucki noch. Wir werden mal Ausschau halten …

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12 von 12 im Dezember

Der Wecker, der im Hauptberuf ein Handy ist, weckt mich und liegt dabei wie jeden Morgen neben meinem Glücksstein, von der Tochter in der ersten Klasse bemalt und geschenkt. Ein Aufwachblick zum Lächeln.

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Der Tag beginnt mit Kaffee, heute ist die Musiktasse frei, die ist – wer hätte das nicht erraten? – eine meiner liebsten.

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Mein Päckchen vom Landeswettbewerb Mathematik muss heute noch zur Post, ich bin spät dran und schreibe die Schülerrückmeldungen auf den allerletzten Drücker. Morgens vor sechs. Wie das in dichten Zeiten eben so ist.

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Schon vor der Schule habe ich den Stapel fertig und bin wieder müde. Die erste Doppelstunde vergeht zäh, aber irgendwie, die Schülerschaft überbietet meine Müdigkeit wohl noch.
Ich stolpere hinaus in eine Hohlstunde, zum Glück. Irgendjemand hat Kuchen in die Küche gestellt, von solchen KollegInnen müsste es viel mehr geben:) Dazu ein Kaffee und Stilleben mit Lehrerzimmergeraffel. Um diese Vormittagszeit ist es hier ganz leer.
(Das ist auch nicht der Blick von meinem Platz, denn dieser ist zu vollgekramt, als dass ich Teller und Tasse dort hätte abstellen können.)

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Aber damit es nicht droht zu gemütlich zu werden, hat man mir in den zweiten Teil der Bereitschaft eine echte Stunde gelegt. Eine echte, das heißt nicht einfach nur Aufsicht mit vorbereiteten Aufgaben. Ein Notfall, eine plötzliche Langzeiterkrankung, diese Zusatzstunde wird wohl zur Serie werden. Ob ich spontan eine Einführung in die Einheit Geschwindigkeit machen könnte, fragt der Cochef. Klar, ich stampfe sie aus dem Boden. Und gern doch, Achtklässler lieben es schließlich, wenn die Vertretungslehrerin plötzlich so richtig was von ihnen will und Physik macht;-) Wir nörgeln uns also gegenseitig an und gemeinsam durch die Stunde, irgendwann haben sie Diagramme und Rechnungen im Heft und hoffentlich auch was im Kopf, und es ist rum.

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Nahtlos hetze ich – mit Miniboxenstopp an der Kaffeetasse – in den dritten Block, zu den kleinen Fünfern, die sind mir vertraut, hier ist Heimspiel. Es fließt, so muss das sein.
Trotzdem gut, als es zur Mittagspause klingelt. Sie räumen auf, fegen, verschwinden. Himmlische Ruhe kehrt ein, jetzt einfach nur hier sitzenbleiben … Tue ich auch. Das Lehrerzimmer ist in der Mittagspause taubenschlagartig laut, es ist mir heute zu viel.

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Ein vierter Block, nochmals Physik, alle sind ferienreif. Auch ich bin unkonzentriert und verstehe meine Erklärungen selbst kaum;-)
Fünfzehn Uhr, vorbei, Feierabend. Nicht ganz, aber jedenfalls wird’s jetzt ruhiger. Während die Schüler fegen und allmählich verschwinden, bleiben die Restarbeiten. Versuche abbauen, Notizen zum Tag, Listen und Klassenbücher ausfüllen, das eigene noch kontrollieren. Schöne Farben übrigens, unsere Klassenbücher. Auch nach ein paar Jahren Gewöhnung tun die dem Auge noch gut.

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Der Blick aus dem Physiksaal nach draußen dagegen ist eher trist. Warum auch nicht, denke ich mir, ich hab ja eh keine Zeit zum Rausgehen. Ist doch tröstlich, dass es eh nicht lohnen würde:)

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Schnell schnell weiter, zur Post das Päckchen abgeben. Dann bin ich mit den Kindern verabredet, wir brauchen alle Passfotos.
Und zack, als ob der Tag was gegen mich im Schilde führen würde, schließt mich mein Auto aus. Wie auch immer die Elektronik das hinbekommen hat: Das Auto sperrt sich selbst ab, während der Schlüssel im Zündschloss steckt und ich draußen stehe. Darf ja eigentlich nicht sein. Ein Mysterium.
Und ja, wir sind gerade im Nachbardorf, nicht etwa vor der eigenen Haustür, hinter der der Zweitschlüssel liegt. Ich muss mich erst mühsam nach Hause und wieder zum Auto zurück fahren lassen, um mit dem Ersatzschlüssel das Auto per Schloss zu öffnen. (Dazu haben Autotüren noch ein Schloss. Die Elektronik reagiert ja nicht mehr, weil drinnen ein Schlüssel steckt. Dubios.) Jedenfalls: Welch tragende Rolle hat dieses kleine Teil heute gehabt!

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Irgendwann spätnachmittags sind wir endlich zu Hause. Der Magen hängt in den Kniekehlen. Immerhin leuchtet zum aufgewärmten Mittagessen ein Adventslicht.

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Der Blick in den Terminplaner für die nächsten Tage ernüchtert. Nein, ich kann nicht mehr. Die Tage werden alle ähnlich wie dieser. Die letzte Vorferienwoche ist kaum zu schaffen. Genaugenommen: eine Woche und zwei Tage. Mir kullern kurz die Tränen vor Erschöpfung. Dann rappele ich mich wieder auf, hilft ja nix.

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Und schaffe an Schreibtisch und Computer noch ein bisschen was weg, Dinge, die sich nicht vermeiden und verschieben lassen.
Bis ich mich irgendwann meiner neuesten meditativen Tätigkeit hingebe. Es ist wunderbar. Es ist seit Tagen soooo unglaublich schön.
Am Mittwoch wird meine erste Cellostunde sein. Kurz nachdem ich mein ausgewachsenes Leihcello abgeholt haben werde. (Denn dieses hier ist ja noch ein wenig jugendlich und gehört eigentlich der Tochter.)

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Mehr 12 von 12 gibt es wie jede Woche bei Draußen nur Kännchen.

12 von 12 im November

(Mal wieder ein 12 von 12 . Mal wieder später als alle anderen:))

Sich auf den Weg machen, nur für kurz, nur mal eben unterwegs sein mit dem ältesten aller Reisegepäckstücke, in dem erinnerungsträchtig so vieles mitreist.

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Auf dem Weg zum Bahnhof, unter den sich auflösenden Wolken. Nebel und Dunst ziehen sich zurück, der Himmel verheißt.

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In die Spur finden, immer wieder. (Das Leben hat aber keine Schienen. Manchmal leider, manchmal zum Glück.)

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Herbst fliegt vor dem Fenster vorbei. Das Glas ist trüb, und doch sind da diese Farben.

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Heute ist wohl Tag der beschmutzten Scheibe:), aber nun, die Sonne, was will ich mehr.

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Erinnerungsvertrautheit. In jeder Jahreszeit anders. Mit immer der gleichen Angekommens-Wohligkeit.

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Eine kurze Wanderung, wir zusammen, unter einem Himmel voller Von-allem-etwas.

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Lichtdurchbrüche.

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Scherenschnittstandhaftigkeit.

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Vorbilder im Loslassen.

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Und kaum zu erahnen: ein Himmel auch hier, oben, schwach durchscheinend.

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Der Tag endet in Abendwärme. Wie könnte es besser sein …

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12 von 12 im Oktober

(Mal wieder ein 12 von 12 . Mal wieder später als alle anderen:))

 

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Noch ganz in einem unangenehmen Traum befangen, schweife ich mit den Augen durch’s Zimmer, auf der Suche nach Halt. Eine Schale gibt diesen, einer meiner Schalen, die mir, unabhängig von ihrem realen Inhalt – Sand, Steine, Natur, Räucherstäbe – je nach Bedürfnis verschiedenste Wunschdinge enthalten. Einfach nur für mich in meiner Vorstellung. Heute möchte ich in ihrem Inneren bitte Geborgenheit finden. Oder Wahrgenommenwerden. Oder beides. Ja, beides.

 

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Die frühe Morgenstunde liest sich schnell weg. Der Roman, in den ich gestern Abend zufällig und flüchtend vor meinen eigenen Tränen geraten bin, der mit mir nichts zu tun hat, den lasse ich heute liegen. Statt dessen sind da die „Lebensalter“, deren scheinbar antiquierte Sprache und Gedankenwelt für mich soviel Universelles enthält, in dem ich mich wiederfinde, oder besser noch, das mich auf neue Spuren schickt. Die Abschnitte über die Krisen zwischen den verschiedenen Lebensaltern, die sind es besonders. Heute, und häufiger schon.

 

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Ich schreibe ein paar Worte, etwas, was herausdrängt. Zwar würde ich jetzt lieber auf Papier schreiben, aber die Uhr sitzt im Nacken, die Kinder müssen geweckt, die Morgenroutine begonnen werden. Tippen, digitales Schreiben als Kompromiss. Nicht so befreiend wie händisches, aber eben doch: Schreiben.

 

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Der Schultag wird unglaublich voll, zwischen sechs Unterrichtsstunden drängeln sich unerwartet viele Kurzgespräche, wieder massive Schwierigkeiten mit unserer 5. Klasse, schnell zur Schulleitung, mal eben die weitere Strategie beraten. Und dann ist da noch der nicht deutsch sprechende Gastschüler, die physikvortragenden Jungs, die Klagen der Mädchen über die anderen Mädchen, die an einem Vortrag Interessierten, die sich vor der Klausur Ängstigenden, all das. Keine Sekunde, um ein Bild aufzunehmen. Dabei steht die Kamera neben mir. Erschreckend, in solcher Deutlichkeit vor Augen geführt zu bekommen: Ein Schulvormittag bedeutet 6,5 Stunden Dauerstrom, ohne eine Minute des Nachlassens, ohne einen Moment des Beimirseins. Das kann man doch so nicht schaffen?!
Jedenfalls: Dieses Kaffeebild entstammt dem Nachmittag, als ich mich auf dem Sofa langlege und kurz wegträume. Der Kaffee wird derweil kalt, macht nichts, er tut trotzdem gut.

 

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Weil zu Vieles am Schreibtisch ansteht, ist für einen Spazierweg keine Zeit. Ein paar Minuten im Garten nehme ich mir dennoch, um Herbstfarben, um die Muster des Älterwerdens zu betrachten.

 

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Und die kleinen Wunder des Aufblühens.

 

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Und die Kraft, die noch immer im Grün liegt. Da wäre viel Gelegenheit, ins Metaphorische abzugleiten …

 

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Doch wie gesagt, der Schulschreibtisch. Ich bin heute langsam, arbeite nur mühsam manches weg. Als mein Tempo dem einer Schnecke immer näher kommt, werfe ich zusammen, es reicht. Feierabend, es ist spät genug.

 

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Der Gang zum Briefkasten, jetzt erst, bringt große Freude: Eine Postkarte, eine echte Postkarte – wow!

 

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Dazu schenkt die Tochter mir ein Sandbild. Sie spürt wohl, dass ich Farben gerade dringend brauche.

 

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Letzte Tagestätigkeit: den Kaffee für morgen vorbereiten, die Zeitschaltuhr stellen. ich weiß, das Aroma verdunstet oder so ähnlich, aber es ist egal. Es ist gut so für mich:)

 

12-von-12-im-oktober-12

Und eine letzte Leserunde auf dem Sofa. Um nicht schon wieder das gleiche Buch zu fotografieren:), schwenke ich zum Sofa und zur Decke, unter der meine Beine liegen. So genau habe ich die noch nie betrachtet. Und vor allem habe ich noch nie bemerkt, was für einen Berg meine Füße dort unten bilden:)

Ein guter Tag. Trotz allem.

Mehr 12-von-12’s gibt es hier zu sehen.

 

12 von 12 im Juni

Im Haus übernachtet ein Dachgeschoss voller Tochter-Geburtstagsgäste, sie schlafen genau bis 7.47. Wäre ich eher wach gewesen, hätte mich ihr langes Schlafen gefreut und gerührt. So aber werde ich von ihrem Getuschel geweckt, aus dem immer eindringlicher die Worte „Frühstück“ und „Deine Mutter“ dringen. So sei es also, ich füge mich.

Sie frühstücken kaum von den Millionen Brezeln, welche ich auf Geheiß der Tochter gekauft habe. Dafür brauchen sie heiße Milch, und ich hab mindestens dreißig Jahre keine mehr warmgemacht. Zum Glück haben wir überhaupt welche im Haus.

Während der Mädchentisch also frühstückt und weiter spielt und plappert wie seit gestern Nachmittag, schleiche ich mich in ihr Nachtlager. Gemütlich.

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Auf der Terrasse finden sich ein Restestillleben des gestrigen Abends

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und der Kerzenteller.

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Als alle Mädchen abgeholt sind, bringe ich den Sohn und seinen Freund zum großen Bahnhof in die große Stadt. Zusammen mit ein paar anderen Jugendlichen aus ganz Baden-Württemberg fahren sie zu einem Mathewettbewerb nach Thüringen. Ich habe ein Dejàvu, war das doch allzu oft auch mein Reiseziel. Aber ihm geht es gut damit, und mit meinen Damals-Erzählungen.

Wir sind zu früh, ich biete mich als Kofferwärterin an, während die Jungs in größter Gelassenheit bis kurz vor Zugabfahrt im Buchladen blättern.

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Der Zug ist schon da, die Gruppe auch, alles gut. Natürlich darf ich mich nur mit den Augen verabschieden; welche Mutter eines 14jährigen kennt das nicht.

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Und nein, ich bin nicht peinlich und winke, sondern fotografiere den Zug, bevor er abfährt, und gehe dann.

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Der Rückweg über die Dörfer und Hügel ist immer noch verregnet,

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vernebelt

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und auf seine Art stimmig.

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Der Nachmittag gehört den Aufräumaktivitäten nach der Party, einem mehr als ausgedehnten Mittagsschlaf (ohne Bilder:)) und viel Gartensitzen.

Mit Eis

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Gedankenhängen im verregneten Grün

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und einem Himmelsblick mit Aussicht.

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12 von 12 im April

Das 12 von 12 ist mir schon zur lieben Gewohnheit geworden. Das verspätete Einstellen auch:)

12 von 12 im April (1)

Der Tag beginnt ruhig, ohne frühe Schule, daher sitze ich an der noch morgenschläfrigen Tastatur; ein weiterer Herbstreisepost wird fertig. Der graue Himmel vor dem Fenster ist nicht hell genug, um uns – mich und die Tastatur – aufzuwecken. Allerdings: um störende Spiegelungen auf dem Foto zu erzeugen, dafür reicht er allemal. Grmpf.

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Nebenher ruft die tägliche Wäsche. Heute mit Rot&Rötlich, mein Lieblingskorb. Weil ich orange mag. Vor allem aber, weil die Socken aus dieser Trommel hinterher viiieeel leichter zusammenzupaaren sind als jene aus der Dunkel-Schwarz-Wäsche.
(Warum eigentlich tragen hier alle im Haus schwarze Socken? Und warum sind sich schwarze Socken untereinander immer so ähnlich? Aber eben: nur ähnlich und doch nicht ganz gleich, so dass das richtige Zusammenfügen ewig schwer und letztlich unlösbar bleibt?)

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Ha, ich habe ein wenig Zeit übrig vor dem Losgehen und spiele Klavier. Das streichelt die Seele, besser kann man es nicht sagen.

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Meine Arbeitsstelle ist heute – wie immer dienstags – die in der Stadt, dort, wo sich seit einem Vierteljahr eine Baustelle austobt. Das verlängert die Parkplatzsuche um eine gefühlte halbe Stunde und lässt das Ergattern einer Lücke allwöchentlich zum Erfolgserlebnis werden. Von oben geschaut, wirkt der Baufortschritt nicht gerade so, als hätte ich das Parkproblem heute letztmals gehabt.

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Drinnen dann die sehr spezielle Ästhetik eines Computerraums, die erschließt sich einem ja auch nicht auf den ersten Blick. (Auf den zweiten übrigens auch nicht.)

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Der Blick nach draußen verspricht dafür Sonnenlicht und schenkt Vorfreude auf den Nachmittag. Wie immer am Dienstg hat das jüngere Kind seinen Musikschulnachmittag neben einem wunderbaren Park …

Als ich allerdings meine Arbeit kurz darauf beendet habe, bin ich so müde, dass mir zum Spazieren in der Sonne einzig einfällt, dass ich ja auf ner Parkbank schlafen könnte. Oder aber in nem Straßencafé. Irgendwo halt, wo ich nicht Fuß um Fuß nach vorn setzen muss.

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Das Spazieren fällt aber ohnehin aus, da sich der Himmel verdüstert hat.
(Vorn die Absperrung im Bild ist Absicht. An der Musikschule ist nämlich auch eine monatelange Baustelle. Parkplatzsuche hier wie da … man hätte das Kind Piccoloflöte lernen lassen sollen, das würde den Instrumententransport mit dem Auto und damit jegliche Parkplatzsuche vermeiden …)

12 von 12 im April (8)

Aus dem verdüsterten Himmel schüttet es alsbald; ich sitze im Auto und höre und schaue dem Regen zu. Gemütlich.

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Und wenige Minuten später wieder so. April halt.

12 von 12 im April (10)

Und doch noch ein wenig Park. Die Blumen haben sich nach dem Guss noch gar nicht trockengeschüttelt.

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Der Abend bleibt so ruhig wie der Tag selbst, ich habe wiederum Zeit für das Klavier. Wenn es sich danach anfühlt und ich Lust habe, übe ich sogar richtig:)
(Weil ich erst als Erwachsene angefangen habe zu spielen, aber vorher schon viel musiziert und daher viel mehr Erwartungen an den eigenen Klang habe als meine spätgeforderten Finger eigentlich noch liefern können, daher … ja daher treibt mich die Ich-will-das-aber-spielen-können-Lust manchmal zu solch selbstdisziplinierenden Aktionen wie einem Metronomtraining. Meine Kinder schütteln dann in der Regel den Kopf über mich. Und können die Läufe nicht mehr hören …)

12 von 12 im April (12)

Viel mehr geschieht nicht mehr. Der Timer der Kaffeemaschine muss um eine Stunde nach vorn gestellt werden, weil es morgen um 6 Uhr ins Auto zu steigen gilt, für einen Arbeitstermin in ner anderen Stadt. Daher ist vor Mitternacht das Licht aus. Wirklich mal.

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12 von 12 im März

Nun habe ich mich ans 12 von 12 gewöhnt – in einem ganz positiven Sinne. Es macht mir von Mal zu Mal mehr Spaß, fotografierend durch meinen Tag zu gehen. Und heute, weil ja Samstag ist, bin ich sogar pünktlich mit dem Einstellen.

Mein übliches Samstagmorgen-Luxusdilemma liegt gestapelt vor mir: schreiben: diesen oder jenen Text? – oder lesen: dieses oder jenes Buch? – oder kommunizieren?
Jedenfalls: mit Kaffee, nur mit Kaffee. Bei dem es dann – wie so oft – bleibt. Der Stapel ist unangetastet. Es hat ja was, einfach nur zu sitzen und zu sein.

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Nebenher läuft eine schnelle Morgenwäsche durch, und Trockner sei Dank hängt der Ertrag meiner Bemühungen kurz darauf überm Stuhl. Weil der Sohn in seiner (einzigen) schwarzen Konzertkleidung gestern Jugend-musiziert-Wettbewerb zu spielen hatte und heute Schulorchester, und weil man im Alter von 14 dieselben Klamotten keinesfalls an zwei aufeinanderfolgenden Tagen ohne Zwischenwäsche anziehen sollte – aus Gründen:) – war dieser morgendliche Akt hausfraulichen Fleißes nötig geworden.

12 von 12 im März (2)

Ohnehin aber ist’s kein freier Bummelsamstag für mich und die Kinder, sondern Arbeitsvormittag. Wir haben in der Schule Tag der offenen Tür. Diese sieht hier zwar gerade geschlossen aus, aber nur, weil alle Besucher noch dem Orchester und diversen einführenden Worten lauschen, bevor wir – schon draußen wartend – sie dann durch’s Haus führen werden.

12 von 12 im März (3)

Schnell noch einen Blick in den Frühlingshimmel werfen, bevor wir für Stunden im Gebäude verschwinden müssen.

12 von 12 im März (4)

Die Viertklässler, von denen einige hoffentlich bald unsere Schüler werden, bekommen Knobelaufgaben zu lösen (ja, mit Ostereiern: ich war auch erschrocken:)) …

12 von 12 im März (5)

… und Naturphänomene an Modellen erklärt, …

12 von 12 im März (6)

… sie dürfen in einem lateinischen Theaterstück in das Haus einer römischen Familie eintauchen (nein, ich habe auch nicht verstanden, warum man dort Plüschhasen in Körben spazierenträgt, aber ich kann ja auch nicht richtig Latein) …

12 von 12 im März (7)

… ein paar wie Zauberwerk wirkenden chemischen Experimenten zuschauen …

12 von 12 im März (8)

… und einen Lego-Robotics-Parcour ausprobieren.
(Übrigens war es bei dem Gewusel ganz schön schwer, gesichtsfreie Bilder zu bekommen.)

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Gegen 14 Uhr ist es geschafft, wir dürfen ins Wochenende. Die Tochter ist so k.o. wie ich und wirft zu Hause ihren lila Orchesterschal achtlos auf die grellrote Sporttasche. Eine Farbenkombination, die im Auge wehtut. Als ich sie mir mit dem Glas verdecken will, finde ich das Kaleidoskop der beiden Farben doch plötzlich nicht mehr so schlimm.

12 von 12 im März (10)

Der gestrige Wettbewerb hat wohl inspiriert. Beide Kinder üben ausgiebig wie sonst selten am Samstag. Die Tochter kommt zwischendurch fasziniert zu mir gelaufen: „Wenn ich mich in ein neues Stück ganz hineinvertiefe, dann vergeht die Zeit ja wie im Fluge?!“

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Wie im Fluge vergeht auch mir mein restlicher Samstag.
Mittagsschlaf, Fotos sortieren (nicht nur diese hier), Blog schreiben.
Siedler spielen mit den Kindern (psst: heute stellte ich mir den Ritter auf die eigenen Felder und tauschte Rohstoffe gegen Küsschen – die Kinder waren sehr genervt, weil ich so demonstrativ das Gewinnen verweigerte bzw. verunwichtigte:)).
Und vor allem einige ich-denke-an-Dich-Karten auf die Reise zu Menschen schicken, welche gute Gedanken und Gebete gerade sehr gebrauchen können.

12 von 12 im März (12)

 

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12 von 12 im Februar

Ein Reisetag ist kein Schreibtag. Darum kommt mein 12 von 12 wieder einen Tag zu spät. Und geschummelt ist es auch noch. Wenn ich nämlich noch weitere Stunden versuche, Reisebilder auszusortieren, wird es nie mehr was. Es sind und bleiben diesmal 15. (Von mehreren Dutzend. Das ist doch schon arg ausgewählt.)

Abreisetag.

 

Diesen Weg werden wir nachher nehmen. Im Moment treten wir noch aus dem Reisetaschenpackdurcheinander unseres Zimmers hinaus und lassen uns die Sonne auf die Nase scheinen. Die Tochter ist sauer, dass sie jetzt – wo das Wetter gut wird, und vor allem, wo sie einen Freund gefunden hat – abreisen soll. Ihren Zorn schleudert sie wohl versehentlich mit dem Frühstücksei zu Boden …

 

… jedenfalls berichtet sie tränenüberströmt von dem Malheur, und wir versuchen, noch das Beste herauszuholen. So sieht das dann aus:)

 

Abschiedsblick aus dem Fenster auf „unsere“ Hütte, von dem Tisch, der allabendlich zum Lesen, Schreiben, Spielen und Telefonieren diente.

 

Die Tochter nimmt ein paar letzte Fotos für die Freundin mit …

 

… bevor wir abfahren. Immer höher, an all unseren Skibergen vorbei …

 

… über den Pass …

 

… mit einem Blick zurück.

 

Hinab vom Pass ins Tal, zunächst mit einem Boxenstopp, weil dem Kind schlecht geworden ist. Das kennen wir ebenso wie die zahlreichen Bars am Wegesrand, in denen man den entleerten Magen wieder füllen kann. Hier mit Plüschvorhang, heißem Apfelsaft, Toast und Kaffee für uns – und einem anschließend nicht mehr grün im Gesicht aussehenden Kind.

 

Irgendwann ist das Autobahntal in Sicht, ringsum wirkt es frühlingshaft, nur die Berge in der Ferne zeigen noch Winter an.

 

Wir fahren zunächst ein kleines Stück südwärts, um …

 

… in einer Cantina Wein zu kaufen. Soviel in den Kofferraum eben hineinpasst.

 

Vor der Cantina scheint die Frühlingssonne, lebt ein Springbrunnen, lässt sich die Zeit vergessen.

 

Und dann ist wirklich Heimreise. Vorbei am Schlern, mit Erinnerungen an meine erste Italienreise 1991. Und die Tochter weiß zu berichten, dass sie in der Nähe dieser Wasserrohre doch mal gekotzt hätte. Danke, nein, für heute haben wir genug, sage ich.

 

Es wird allmählich dunkel. Das erkennt man auf diesem Bild nicht. Nur daran, dass die vielen Wegfotos, die ich am Nachmittag noch mache – Brennerpass, Innsbruck, Fernpass, Allgäu .. – alle leicht unscharf sind. Ich bin müde, es wird Zeit nach Hause zu kommen.

 

Eine größere Pause in Nesselwang, für Mittagabendessen und Wochenendeinkauf, und weil es die reichliche Hälfte der Strecke ist.
Dann folgt nur noch anstrengende dunkle Autobahn. Gegen 9 Uhr kommen wir an.

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12 von 12 im Januar

Es war ja klar. Mich hat dieses 12 von 12 im Dezember begeistert, dieses Herzeigen von 12 Bildern aus meinem Tag. Aber ich dachte mir damals schon, wie das wohl gehen mag, an einem „echten“ Tag, an einem, der so voll ist wie mein ganz normales Leben eben oft ist. Da ist nicht Platz für 12 Fotos, nicht Platz zum Drüberschreiben.
Und dann … habe ich mir die Kamera gestern doch ins Tagesgepäck gesteckt. Ich brauche halt zum Aufschreiben noch den Folgetag. 12 von 12 im Januar in der unpünktlichen Variante für berufstätige Mütter.

Um halb sechs klingelt der Wecker, das ist Absicht. Nun, vermutlich werden die meisten Wecker mit Absicht gestellt. Ich meine: Die frühe Uhrzeit ist Absicht. Die Kinder müssen erst eine Stunde später raus, ich möchte diese frühe Stunde für mich allein. Seit Jahren nehme ich mir die, fülle sie wie es gerade passt. Im Moment mit Lesen.

 

Halb sieben wecke ich die Kinder, sie stehen auf und pubertieren dabei grummelnd durchs Haus, eine dreiviertel Stunde später sind sie weg, ich denke „puh“ und habe bis zu meiner eigenen Abfahrt eine reichliche Stunde. Dienstags muss ich nicht in die Schule, sondern an meinen anderen Dienstort. Heute erstmals wieder nach halbjähriger Pause; ich erinnere mich kaum noch, wie es geht. Vermutlich aus diesem Grund war ich schon am Vorabend fertig vorbereitet. Die Zeit bis zur Abfahrt fülle ich mit Schulvorbereitungen für Mittwoch. Ja, da auf dem Boden, das ist noch sehr durcheinander. Bis zum Mittwochsunterricht sind ja auch noch 23 Stunden Zeit.

 

Nebenher fülle ich Gepäckstück um Gepäckstück für meinen Tag. Erschreckt sehe ich am Ende den Berg. Das Große ist das Tochtercello. Sie kann es am Nachmittag schlecht selbst in die Stadt schleppen (wegen ihrer Minikörpergröße), also nehme ich es schon mit. Rechts vorn steht die Schultasche (die auch dienstags so heißen darf), links vorn die Fototasche (die nur heute mitdarf). Dahinter der Kaffee-Tee-Kekse-Korb, wir können ohne das dort nicht leben. Im Beutel davor für alle Fälle ein Wasserkocher, weil – wer weiß – irgendwer während meiner Abwesenheit die für Heißgetränke nötige Technik entwendet haben könnte. Im orangefarbenen Beutel all das Zeugs, das vorhin noch auf dem Boden lag; könnte ja sein, dass ich unterwegs zum Weitermachen komme. So habe ich dienstags schon oft gedacht, man gibt ja nicht auf.

 

Im Auto am Fluss entlang ist Pause, gefühlt.
Eine ruhige halbe Stunde, Musik.

 

Kurzer Boxenstopp am Supermarkt, weil mir die Keksvorräte für eine ganze Gruppe dürftig erscheinen. Und weil er viel fotogener ist – trotz Regen – darf der Fluss aufs Bild, und nicht der olle Supermarkt.

 

In der Stadt angekommen, sorgt eine neue Baustelle für panische Parkplatzsuche, verzögerte Zeitplanung, hektisches Kopieren, flüchtiges Gedankensortieren. Gerade noch rechtzeitig bin im Seminarraum, puh. Sehen immer sehr nüchtern aus, diese Räume.
Kurz danach sind die Plätze belegt, fällt die kahle Hässlichkeit kaum mehr auf. Mir ja sowieso nicht, denn ich bin zweieinviertel Stunden am Routieren. Neue Gruppe kennenlernen, erste Beziehungsfäden knüpfen, Ängste und Hemmungen abbauen (auch auf meiner Seite übrigens), Atmosphäre schaffen – das ist am ersten Tag Schwerstarbeit.

 

Ganz plötzlich ist es eins, alle gehen, und ich sacke zusammen. Durchatmen, kurz besinnen, wer ich bin, und neuorientieren, was jetzt kommt.
Zwei Stunden bis zum Tochtertreffpunkt. Zeit für – ähm: Mittagessen? – Vergessen, großer Mist. Hier in der Ecke gibt es nirgends etwas zu kaufen. Ich darbe also bei Keksen, Kaffee und meinem Aufgabenstapel. Dokumente sortieren und ins Moodle einstellen, Sitzung nachbearbeiten, die nächsten Sitzungen vorbereiten, solange die Gedanken und Ideen dafür sowieso in meinem Kopf sind. Und kopieren. Man kopiert sich ja so durch sein Lehrerleben …

 

Ich bin im Flow, verpasse die Zeit. Arme Tochter. Während ich das Auto zur Musikschule bringe und ihr mit der Straßenbahn entgegenfahre – sie soll heute das Umsteigen am großen Platz mit mir üben und es ab nächste Woche allein schaffen – realisiere ich, dass ich zu spät komme. Handy raus und anrufen, dabei Ticket vergessen zu kaufen, einsteigen, und – upps: ich fahre gerade schwarz. Diesen Nervenkitzel halte ich genau zwei Stationen durch, dann steige ich aus. Ich kann das nicht. Ich muss ein Ticket kaufen, die Bahn ist natürlich weg. Nuja, wo wir eh schon zu spät sind.

 

Das geduldige Kind wartet regennass und fröhlich, und ich habe auch plötzlich gute Laune. Darf ich doch einfach mit ihr am Straßenbahnfenster durch die graue Stadt fahren. Grau ist ja manchmal nur äußerlich.
Vermutlich waren dies die ruhigsten 10 Minuten meines Tages, da in der Bahn. Denn während ich der Tochter noch zusehe, wie sie ihr Cello in die Musikschule schleppt – da, ganz klein, rechts vom Tor – …

 

… und wie ich mich einmal kurz umdrehe und den baumverzierten Himmel über dem Parkplatz fotografiere …

 

… da klingelt der Sohn durch. Er muss – keine zwei Kilometer entfernt – von Ort A nach Ort B, hat wenig Zeit zwischen seinen Terminen, und seine Bahn kommt nicht. Hm. Ich erwäge kurz, die Sache mit dem Auto in die Hand zu nehmen, winke diese hingenuschelte Idee aber schnell ab, bevor er sie aufgreifen kann – im Berufsverkehr ist dies ohnehin Quatsch – und dirigiere ihn telefonisch auf Alternativrouten. Gut erklären kann ich ja, sagen meine Schüler.
Jedenfalls: mir reicht’s. Ein Café als Rettung, ich weiß gar nicht, ob ich Brötchen oder Klo dringender brauche. Tee offenbar scheint das Unwichtigste zu sein. Sonst hätte ich den Beutel nicht gedankenverloren mit Schild und viel zu spät hineingeworfen. Die blasse Farbe spricht Bände. Egal.

 

Die Tochter kommt nach verkürzter Probe zu früh aus der Musikschule – uff, ich hatte doch gerade meine freien 20 Minuten:( – der Sohn muss eingesammelt werden, Berufsverkehr und Dunkelheit auf dem Heimweg, Abendessen, Kinderschuldinge, die immer abends erst aus den Taschen kriechen, und – als dann endlich beide im Bett sind – die Erinnerung, dass ich für morgen früh noch lange nicht alles fertig habe… Naja, ich bin sie gewohnt, solche Tage. Schaffe es, noch einmal zwei Stunden durchzuziehen und darf dann die Schultasche packen.
So sieht es in ihr aus.

 

Und ehrlich: Ganz so ist nicht jeder meiner Tage. Das wäre nicht auszuhalten. Von Zeit zu Zeit aber, ja, doch  …

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12 von 12 im Dezember

So. Jetzt probiere ich auch mal dieses 12 von 12 aus. Am 12. eines Monats 12 Bilder von seinem Tag zeigen, ein wenig dazu erzählen (oder bei mir: ein bisschen mehr). Bevor der Blog hier ganz verwaist. Es ist Samstag, da kann ich mich nicht mit Schule herausreden. Mit Überfülle vielleicht, doch diese braucht heute ohnehin ein Ventil. Also …

Um halb sieben kommt die Tochter mit einem Buch für sich und einem Kaffee für mich in mein Bett gekrochen: ¨Komm, wir lesen¨. Wie soll ich da nein sagen? Auch wenn mich dieses völlig unadventliche Buch auf jeder Seite grausen lässt – wir haben zwei kuschelige Stunden.

Dann ist sie mit ihrem Buch durch, und ich bin gerade auf Seite 23. Vermutlich habe ich die Hälfte der Lesezeit verschlafen.

Ich döse noch ein bisschen. Wie immer ist plötzlich der Orchestertermin in bedrohliche Nähe gerückt, und wie immer konnte das Kind sein Cello natürlich nichts abends schon einpacken. Ohne Aufbruchshektik wäre kein richtiger Samstagmorgen.

Als sie weg ist, kann ich in Ruhe frühstücken. Allein:)

(Mensch, bei diesen Alltagsbildern kommt ja so manches ans Licht. Hier zum Beispiel, dass bei uns kein sortiert sortenreines Geschirr im Schrank und auf dem Tisch zu stehen pflegt. – Ich winke hier mal in bestimmte Richtungen, von denen ich weiß, dass dort auch nicht alle Tassen im Schrank gleichartige sind:))

Für den Sohn wird es nun auch Zeit, aus dem Bett zu finden. Er muss erst eine Stunde später beim Orchester sein und hat das Pech, allein mit der S-Bahn fahren zu sollen. Rabenmutter ich. Aber das Kind ist so findig wie lauffaul, greift zum Telefonbuch (-buch!) und telefoniert das halbe Dorf durch, bis er Orchestermitspielereltern gefunden hat, die ihn mit dem Auto mitnehmen. (In der Zeit wäre er dreimal zur S-Bahn gelaufen:))

Weil ich weder das Telefonbuch noch seinen Galopp zur Mitfahrerfamilie fotografieren darf, schweife ich mit Blick und Kameraauge kurz durch den Garten. Was mich jedes Jahr aufs Neue verblüfft: Der Maulbeerbaum hat noch letzte Blätter. Nicht zu glauben.

Während darunter auf der Terrasse schon unser kleiner Weihnachtsbaum liegt, im Wald neben dem Dörfchen selbst geschlagen.

Ha. Durchatmen, Ruhe im Haus.
Küche aufräumen (ohne Bilder, das ist wohl besser so:)) und Wäsche.

Zum Sitzen-Träumen-Dösen will es nicht mehr kommen, ich muss die Kinder von der Probe abholen. Wir sind bei Freunden zu Kartoffelsuppe und Dampfnudeln eingeladen.

Lange hatten wir uns nicht gesehen, unser Gespräch beginnt als schnelles Erzählpingpong – Eure und unsre Reisen?, was macht die Schule?, wie ging denn die Geschichte damals weiter? – und führt bald mitten hinein. Dass ringsum gerade so viel Tragisches geschieht, dass Menschen, Kinder!, auf ihr Lebensende zugehen, in ihrer Straße, in unserer Straße, in unseren Familien, in unserer Schule. So viel, so unfassbar, so grausam. Wie eine Welle.
Und durchs Treppenhaus toben unsere 5 Kinder, die gesunden. Aber das hatte die Familie am Ende unserer Straße bis letzte Woche auch gedacht.
Mal wieder mit der Nase darauf gestoßen, setze ich meine Schritte für den Rest des Tages sehr verlangsamt.

Fast surreal der Anruf einer Freundin, welche für ihre Tochter telefonische Matheseelsorge sucht. Was mich sonst sehr erbost – dieses „wir haben da folgende Hausaufgabe“: wir! – das lässt mich heute nur lächeln. Ich breite bereitwillig auf dem Sofa aus, was ich für die Mathefragen brauche. Es ist schnell erklärt.

Wie dankbar wir sein können, über Schulprobleme sprechen zu dürfen. Ein arg- und sorgloses Kinderleben hier bei uns.

Wie jeden Tag in diesen Wochen kommen meine Kinder irgendwann an, um die Mathe-im-Advent-Aufgaben zu lösen. Manchmal finden sie die Antwort auf den ersten Blick.

Heute brauchen beide einen Ausdruck und die Tochter etwa 30 Schmierzettel, um in diversen Hilfstabellen herauszufinden, ob der Wichtel das Schlittschuhrennen hat gewinnen können. Ich glaube, die Antwort heißt ja. Aber das darf ich hier so öffentlich gar nicht verraten:)

Ich selbst hatte für heute noch Schreibtischaktivitäten auf dem Plan. Der vollgepfropfte Januar nähert sich, ich wollte vieles schon vorgearbeitet haben. Vor dem Vorarbeiten jedoch steht Nacharbeiten an: die tausend Papierstapel des vergangenen Schuljahres sind noch immer nicht aufgeräumt. Sie liegen seit einem halben Jahr unterm Schreibtisch und harren der Zeitfenster, die ich für sie übrig habe.
Heute investiere ich immerhin so viel, dass am Ende großzügig ausgemistet und vorsortiert ist. Morgen (hoffentlich) sollten dann diese winzigkleinen Stapelchen von links in die dicken Ordner von rechts wandern. Soweit meine Sonntagspläne.

(Der dicke Umschlag rechts oben liegt übrigens hier völlig falsch. Der ist weder alt noch wegzusortieren. Das sind die Reiseunterlagen für unsere 4-Klassen-Berlinreise im Juli, frisch per Post eingetroffen. Vorfreudeerzeugend.)

Als sie eigentlich schlafen soll, bekommt die Tochter plötzlich Lust auf Weiterpuzzeln. Nein, es ist Bettgehvermeidungstaktik, vermutlich. Egal, sie liebt unsere gemeinsamen Puzzlesessions, und ich liebe sie. (Also die Sessions. Die Tochter ja sowieso.)

Und als sie dann doch irgendwann im Bett liegt, ist auch mir danach. Der Tag war voll. Das Altmann-Buch brauche ich heute nicht noch einmal. Ein anderes will mich nicht mehr erreichen. Ich sitze einfach nur noch mit meinen Kerzen da.

Genug Menschen, die sie brauchen, gibt es ringsum ja.