Heute ist ein Sonntag, an dem mir herbstlich zumute ist. Ich weiß gar nicht genau, was ich damit meine. Eine in mich versunkene Stimmung, kein Auge für die Sonne vor dem Fenster, ein wenig Schneckenhaus mit ein paar hinausgestreckten Fühlern.
Der damaligen Herbststimmung, von der ich hier mitten aus der Reise erzählt habe, fühle ich mich heute sehr nahe.

Wie ich im Morgengrauen losfahre, mich in den nieseligen Nebel hineinbegebe, der dem Tag lange keine Helligkeit gestatten möchte, und versuche, die Sprache der Trübheit zu lesen.

Als ich den Ort mit seinen beleuchteten Straßen und ein paar wenigen, ebenfalls um halb sieben schon umherirrenden Gestalten verlasse, wird es mir schwer. Unheimlich ist es dort auf den verlassenen, düsteren Wegen, es wirft mich in eine beklommene Stimmung. Schnell durch, mein einziger Impuls.

Erleichtert bin ich erst, als von der Anhöhe aus alles ein wenig heller scheint, als die Ferne wieder sichtbar wird …

… und als ein Wolkenloch ein Stück farbigen Himmel eröffnet.
Dennoch, es sind schwere Kilometer bis Schwäbisch Hall, nicht nur wegen des ständigen Auf-und-Abs.

Ein erster Blick, ich bin noch gar nicht richtig in der Stadt, fällt auf meine Fortbildungsburg – dort oben war ich oft. Nicht der schlechteste Ort für dienstliches Sein:)

Der Weg in die Stadt führt über eine der typischen Holzbrücken.

Und dann stehe ich mitten am Fluss, am anderen Ufer, getrennt von den Gassen, in denen wir abends so oft gingen, oder mittags, wenn wir mangels Stau viel zu früh da waren …

… und durch die wir mit der Tochter unsere Räder schoben, damals auf ihrer ersten Zweitagestour. Hier war sie noch ganz aufgeregt, wie das wohl werden würde, zwei Tage lang auf dem Fahrrad.

Unsere komplette Strecke von damals und noch ein wenig mehr werde ich heute am Stück fahren. Überall werden die Erinnerungen stecken, überall wird mich die Tochter begleiten. Hier zum Beispiel, an dieser Autobahnbrücke, da hatte sie ihren ersten Durchhänger. Also haben wir uns selbst ein Eis versprochen, bei der nächsten sich bietenden Gelegenheit. Die ließ dann natürlich auf sich warten.

Hier kämpfte sie im ständigen Auf-und-ab des Radweges mit ihrem neuen gerade noch ein Stück zu großen 24er-Fahrrad. Ich war beeindruckt wegen ihrer Ausdauer, ihrer Beharrlichkeit, wirklich nicht abzusteigen, ihrer Kraft.

Und hier in Künzelsau war verdiente Pommes-Pause, damals. Ich erinnere mich so gern an das Unterwegssein mit ihr …

… und an unser Lachen, als wir hier an dieser jetzt herbstlich verwaisten Imbissecke saßen und uns die Sonne auf die Nasen schienen ließen. Fast zwei Jahre ist das her.

Erstaunlich, wie unterschiedlich sich mir die Blicke am Wegesrand eingeprägt haben. Diese hier sind überhaupt nirgends in mir festgehalten.

Möglicherweise waren die Hänge damals ja unauffällig. Klar, weit weniger farbig waren sie auf jeden Fall.

Hier erst wieder, in Forchtenberg, spult in mir der Erinnerungsfilm weiter. Hier haben wir damals übernachtet.

Und jetzt rase ich einfach so durch. Es wird heller, die Wolken bekommen Struktur.

Und lichten sich, als es fast schon abends ist.

Wohltuend, von der Sonne geblendet zu werden, bin ich doch fast den ganzen Tag im Nieselregen gefahren.

Die anderen Tage waren so hell, dass ich dies überhaupt nicht wahrzunehmen vermochte – so ist es ja oft im Leben mit dem (scheinbar) Selbstverständlichen. Erst wenn es nicht mehr da ist, wird es uns bewusst.

So wie mir heute das Licht, in dem ich gar nicht oft genug staunend stehenbleiben kann.

Auch im Gegenlicht, auf dem fast schon letzten Wegabschnitt kurz vor Bad Wimpfen.

Der Neckar. Er geht schon schlafen.

Und Bad Wimpfen. Irgendwo da oben zwischen den Türmen wartet ein Zimmerchen auf mich.