Schulsplitter

Wenn es morgens schneefallglatt und kalt zum Brrr-sagen ist und das Auto erst unter seiner weißen Mütze hervorgesucht werden muss, dann ist der Dreiviertelachtschulbeginn noch früher als er eh schon ist.

Zwei Stunden Klassenarbeitsaufsicht sehen nur im Vorfeld wie ein riesiges Zeitfenster aus, in dem die übriggebliebenen Dinge der vergangenen Wochen abgearbeitet werden können. Sitzt man drin, vergehen natürlich nur fünf Minuten. Man schafft quasi nichts weg. Erstaunlich, dass die Schüler in der Zeit trotzdem 300 Blätter vollkritzeln.

Meine Kaffeepads sind aus. Ein echter Notfall. Beeindruckend, wie viele KollegInnen mir umgehend ihre Vorratsdose entgegenstrecken. Und gleich noch fragen, ob ich von ihrem Mittagessen abwill. Mir eilt die Sage hinterher, dass ich meines immer vergesse.

Plötzlich kommt die eigene Tochter ins Sekretariat geschlichen. Ihr Auge tue so weh. Man sieht aber nichts, ich schicke sie zurück in den Unterricht. Rabenmutter, ich.

Sollen Schüler sich selbst einschätzen, gibt es die einen. Die sich überaus kritisch bis zur Selbstverleugnung sehen. Und die anderen. Die gar nicht bemerken, was es eigentlich alles gibt, was man von sich zeigen könnte. Am Ende würden sich alle eine 2 oder eine 3 geben. Oder eine 2-3. Alle. Die einen wie die anderen. Und ich? Fragen sie mich. (Die Sache mit dem Spreu und dem Weizen und wer bin ich eigentlich, dass ich das sortieren soll.)

Wenn das Unterrichten nicht wäre. Heute so. Bloß nicht mich von meiner Planung abbringen, fuchtele ich den Schülern entgegen, innerlich. Meine Flexibilität scheint sich heute Morgen nochmals hingelegt zu haben. Vermutlich ist sie dann wieder eingeschlummert und gar nicht mit in die Schule gekommen. Ich weiß doch auch nicht.

Die Biologiekollegin müht sich den Versuch aus dem Lehrbuch nachzuvollziehen. Sie fragt reihum alle Naturwissenschaftler. Wir kommen kollektiv zu der Meinung, dass das so Quatsch ist und im Leben nicht funktioniert, dass kein Schüler der Welt dadurch auch nur ein Milligramm Verständnis erlangen kann und dass die Lehrbuchverlage sich manchmal ruhig ein bisschen mehr Mühe geben dürften.

All die Dinge hier kommen mir heute vor wie Nichtigkeiten. Ich versuche die Substanz des Tages zu finden. Sie ist weit weg. Oder so unscheinbar, wie die hauchdünne Schicht Schnee auf dem Schulhof. Und doch ist da etwas … der Zauber des gewöhnlichen kleinen Tages.

5 Kommentare

  1. Der Zauber des gewöhnlichen Tages … diese Formulierung bleibt jetzt in mir – ich danke dir
    möge es heute für dcih einen weiteren Zauber geben, den der Überraschung
    herzliche Grüsse
    Ulli

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    1. Ein Danke zurück!
      Und nun überlege ich, ob heute eine Überraschung des Wegs gekommen ist. Doch, ja. Über ein stimmiges Gespräch. Und wie gut es am Cello floss … Und vielleicht hält ja jeder Tag Überraschungen bereit, auch der „gewöhnlichste“?
      Herzlichgruß von Frau Rebis

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  2. Uns geht ganz sicher so manches durch die Lappen. Ich merke das immer sehr beim Schreiben: dadurch entdecke ich so viel. Und an Nichtschreibtagen geht das alles verloren … oder kommt jedenfalls nicht in die Bewusstheit.
    Herzlichgruß zu Dir.

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